Am 9. Oktober jährt sich zum zweiten Mal die Gründung der Geschichtswerkstatt Miesbach. Nach dem Start zur Erinnerungsarbeit an die ersten Deportierten, die 1933 aus dem Landkreis Miesbach ins KZ Dachau kamen, verfügt die Arbeitsgruppe „Euthanasie“ nun über Forschungsergebnisse. Seit über einem Jahr beschäftigt sich die fünfköpfige Arbeitsgruppe unter der Leitung von Stadträtin Kick van Walbeek mit der Frage, ob es in Miesbach geborene Opfer der Euthanasie während der NS-Zeit gibt. Nach ersten Recherchen im Stadtarchiv Miesbach, folgten weitere im oberbayerischen Bezirksarchiv in München. Dort liegen die Zugangsbücher der psychiatrischen Kliniken Haar-Eglfing und Gabersee. Mittlerweile kristallisieren sich die Lebensgeschichten von acht Menschen heraus, die in Miesbach geboren und teilweise auch aufgewachsen sind. Ein Schicksal, das die Mitglieder der Geschichtswerkstatt Miesbach recherchiert haben, ist das Leben der Elisabeth Weighart. Sie wurde am 4. Februar 1912 als lediges Kind der Näherin Elisabeth Weighart in Miesbach geboren. Aufgewachsen ist sie in Greisbach im Leitzachtal. Sie besuchte die Volksschule in Elbach und schloss diese am 2. April 1925 ab. Im Winter 1925/26 erkrankte sie schwer, so dass sie eine längere Zeit im Miesbacher Krankenhaus stationär war. Dokumentarisch belegt ist, dass Elisabeth Weighart körperlich und kognitiv beeinträchtigt war, so dass im Anschluss an den Aufenthalt im Miesbacher Krankenhaus eine Pflegeanstalt für sie gesucht wurde. Am 1. September 1926 kam sie in die Anstalt Ecksberg bei Mühldorf. Dort ist ihr Aufenthalt dort bis zum 26. September 1940 nachzuweisen. Danach kam sie – wie fast alle Patientinnen und Patienten aus Ecksberg - nach Hartheim bei Linz, wo sie ermordet wurden. Laut Geburtenbuch wurde Elisabeth Weighart dort am 5. Februar 1941 in der Gaskammer getötet. Das traurige Schicksal der Elisabeth Weighart nimmt die AG „Euthanasie“ zum Anlass Interessierte zu bitten, bei den Forschungen zu unterstützen. „Vielleicht gibt es ja Familien, die aufgrund eigener Recherchen Informationen und möglicherweise auch Dokumente und Fotos zu Angehörigen haben“, hofft Kick van Walbeek. „Es wäre prima, wenn uns diese zur Verfügung gestellt werden könnten.“ Die Kontaktaufnahme erfolgt am besten per Mail an info@geschichtswerkstatt-miesbach.de.
Die Miesbacher Stadtgeschichten, eine Rubrik von "Miesbach-Tourismus":
Seit gut einem Jahr arbeitet die Geschichtswerkstatt Miesbach daran, die Zeit des Nationalsozialismus im Landkreis aufzuarbeiten – ein Thema, das manche als heikel empfinden und das doch viele Einblicke in die jüngste Vergangenheit bereithält.
"Nachdem die Mehrheit des Miesbacher Stadtrats im Mai dieses Jahres einen Bürgerantrag von Lisa Hilbich abgelehnt hatte, die NS-Vergangenheit der Stadt aufarbeiten zu lassen, geht die Miesbacherin dieses Thema nun mit einigen Mitstreitern selbst an."
"Fast scheint es, als hätte Miesbach auf eine Initiative wie diese nur gewartet. Die vor einem Jahr gegründete Geschichtswerkstatt jedenfalls hat sich als sehr aktive Gruppierung herausgestellt. Schon jetzt überlegt die Gründerin, wie sie die Gruppierung in die Zukunft führen kann."
Nach einem knappen Jahr seit ihrer Gründung hat die Geschichtswerkstatt Miesbach erste Erkenntnisse über Opfer des NS-Regimes zwischen 1933 und 1945 zusammengetragen. Es handelt es sich hierbei um politisch Verfolgte und Opfer von Euthanasie und Zwangssterilisation. Nun stellt sich allmählich die Frage, auf welche Weise dieser Menschen gedacht werden kann.
Die Tegernseer Stimme: "Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus im Landkreis Miesbach geht eher schleppend voran. Die Geschichtswerkstatt Miesbach will das ändern und erinnert heute um 17.00 Uhr vor dem Amtsgericht Miesbach erstmalig an 54 Männern, die vor 91 Jahren in das KZ Dachau deportiert wurden. "
Unter dem Titel „Auftakt des Terrors“ hatte die Geschichtswerkstatt Miesbach in Kooperation mit dem Kreisbildungswerk zu ihrer ersten Veranstaltung eingeladen, die zum Gedenken an die ersten Deportationen von 54 Männern aus dem Landkreis Miesbach im Jahr 1933 in das KZ Dachau am Amtsgericht stattfand.
1000 Bürgerinnen und Bürger waren dem Aufruf zur Demonstration der Jugendlichen vom Kulturhaus zur goldenen Parkbank gefolgt, um auch in Miesbach ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie zu setzen.
Die Geschichtswerkstatt Miesbach konzentriert sich derzeit auf die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus in der Stadt Miesbach und im Landkreis Miesbach. Wir möchten die Ereignisse dieser Zeit dokumentieren, den Dialog darüber fördern und ein würdige Gedenken für die Opfer realisieren.
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